Zu Spunks Gedanken über den Selbstzweck der Gemeinde hier ein Beitrag aus dem "Mitternachtsruf" Juli 2007.
Was ist ein Fischer,
der nicht fischt?
Die folgende Geschichte ist ein Gleichnis. Aber Achtung: Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht zufällig.
Und er (Jesus) spricht zu ihnen: Kommt, mir nach! Und ich werde euch zu Menschenfischern machen» (Mt 4,19).
Es begab sich, dass sich eine Gruppe von tatkräftigen Männern zusammenfand und einen Fischereiverein gründete.
Das Meer ringsum war voll von Fischen, und auch im Landesinnern hatte es fischreiche Flüsse und Seen.
Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr hielten diese Fischer Sitzungen ab. Sie sprachen über ihre Aufgabe zu fischen, den Fischreichtum der Gewässer und über die Methoden des Fischfangs. Jahrein, jahraus definierten sie gründlich, was Fischen bedeutet, verteidigten den Beruf des Fischers und stellten fest, dass Fischen immer die Hauptaufgabe des Fischers sein müsse. Unablässig suchten sie nach neuen, besseren Methoden und nach klareren
Definitionen des Fischens. Sie verkündeten Slogans wie «Die Fischindustrie lebt vom Fischen wie das Feuer
vom Brennen», «Fischen ist die Aufgabe eines jeden Fischers». Sie hatten auch besondere Veranstaltungen unter dem
Motto «Fischereieinsätze» und «Jahr des Fischens». Sie organisierten aufwendige Kongresse, um über
das Fischen zu diskutieren, es zu fördern und neueste Informationen über die Ausrüstung sowie über die Erforschung der Fischsprache und die besten Köder auszutauschen. Die Fischer bauten schöne Versammlungsstätten mit der Begründung, dass jedermann ein Fischer sein solle und jeder Fischer Anleitung zum Fischfang brauche. Eines aber taten sie nicht:
fischen!
Neben ihren regelmässigen Treffen stellten sie ein Komitee auf, dessen Aufgabe es war, Fischer in andere Fischgründe zu
entsenden. Sie waren sich alle einig, dass sie ein Komitee benötigten, das Fischer zur Treue im Fischfang herausfordern sollte. In das Komitee beriefen sie diejenigen, denen das Fischen wirklich am Herzen lag und die imstande waren, mit Mut und Zuversicht darüber zu sprechen. Das Komitee stellte auch weitere Mitglieder an, setzte Ausschüsseein und hielt Konferenzen ab, um das Fischen zu rechtfertigen und festzulegen, über welche neuen Fischgründe man nachdenken könne. Nur, weder die Komiteemitglieder noch deren Mitarbeiter taten das eine: fischen!
Grosse, moderne und teure Ausbildungszentren wurden gebaut, deren ursprünglicher und hauptsächlicher Zweck es sein sollte, den Fischern das Fischen beizubringen. Im Laufe der Jahre wurden auch Kurse angeboten über die Bedürfnisse von
Fischen (ihre Natur, ihre Lebensgewohnheiten, ihre Psychologie), über die richtige Annäherung an die Fische und die Fischfütterung. Darüber hinaus gründeten die Fischer grosse Verlage, um die entsprechenden Handbücher herauszugeben. Andere erklärten, ihr Beitrag zum grossen Fischfang sei, Fischereiausrüstungen herzustellen. Wieder andere waren der Ansicht, es sei ihre Aufgabe, gute Beziehungen zu Fischen aufzubauen, damit die Fische erkennen können, worin der
Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Fisch besteht. Wieder andere glaubten, es sei genug, die Fische ihre nette und freundliche Art spüren zu lassen. Nach einem bewegenden Abend zum Thema «Die Notwendigkeit des Fischens» verliess ein junger Mann das Treffen und ging fischen. Am nächsten Tag berichtete er, dass er zwei ausserordentlich grosse Fische gefangen habe. Daraufhin wurde er für seinen hervorragenden Fang geehrt und zu allen grösseren Treffen eingeladen, um zu berichten, wie er die Fische gefangen habe. Auch er musste daher das Fischen aufgeben, um genügend Zeit zu haben, anderen seine Erfahrungen mitzuteilen.
Es ist wahr: Viele Fischer brachten Opfer und nahmen alle möglichen Schwierigkeiten aufsich. Einige lebten nahe am Wasser und mussten jeden Tag den Gestank toter Fische ertragen. Sie machten sich Sorgen um diejenigen, die die wöchentlichen Diskussionen über den Fischfang für wenig sinnvoll hielten.