Der Ansto zu diesem Thema liegt zwar schon ein paar Jahre zurueck, aber ich habe den Thread erst heute gelesen und will gerne ein paar Gedanken dazu sagen.
Die bisherigen Beitraege erwecken fast alle den Eindruck, als ob sexuelles Begehren an sich suendig waere ("ungoettliche Gedanken, falsche und schlechte Gedanken, unmoralische Gedanken" usw.). Gibt es dafuer eine biblische Begruendung? Anscheinend Mt 5,28: "Ich aber sage euch, dass jeder, der eine Frau ansieht, sie zu begehren, schon Ehebruch mit ihr begangen hat in seinem Herzen".
Aber ist das Thema dieser Bibelstelle wirklich sexuelles Begehren? Nein, das Thema ist Ehebruch: "Ihr habt gehoert, dass gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen" (V. 27). Ehebruch kann jedoch nur dann vorliegen, wenn mindestens einer der Beteiligten verheiratet ist. Konkret: Wenn ich als Verheirateter eine andere Frau sexuell begehre (und das heisst nicht nur: allgemein attraktiv finde, sondern mir Sex mit ihr wuensche), ist das (gedanklicher) Ehebruch; wenn ich als Unverheirateter eine verheiratete Frau begehre, ist das ebenfalls Ehebruch. Wenn ich als Unverheirateter aber eine unverheiratete Frau begehre, ist das durchaus noch kein Ehebruch! Denn sonst duerfte ja, wenn sich zwei junge Christen ineinander verlieben, sexuelle Anziehung dabei keinerlei Rolle spielen. Natuerlich sollte sexuelle Anziehung nicht die Hauptsache oder sogar das Einzige sein, was die zwei aneinander bindet, aber nach der obigen Argumentation waere sie Suende und duerfte somit gar nicht vorhanden sein! Es kann mir aber niemand weismachen, dass die Wahl des Ehepartners stets unter rein rationalen (oder geistlichen) Gesichtspunkten erfolgt und sexuelle Anziehung sich erst am Tag der standesamtlichen Eheschliessung einstellt. Das ist doch voellig unrealistisch!
Was bedeutet das nun? Nicht sexuelles Begehren an sich ist Suende, sondern Ehebruch. Sexuelles Begehren ist Teil der Schoepfungsordnung Gottes - ein Aspekt der gottgewollten Anziehung zwischen Mann und Frau und eine notwendige Voraussetzung dafuer, dass Paare dem Fruchtbarkeitsgebot entsprechen koennen. Aber auch Selbstbefriedigung ist nicht per se Suende - ausser wenn sie mit ehebrecherischen Gedanken verbunden ist. Es zeugt von wenig Phantasie, wenn man sich Selbstbefriedigung nur in Verbindung mit ehebrecherischen Gedanken vorstellen kann. Der Wunsch, mit irgendeiner konkreten Person (ob verheiratet oder unverheiratet) Sex zu haben, muss bei der Selbstbefriedigung ueberhaupt keine Rolle spielen! Ich kann Selbstbefriedigung sogar als Geschenk Gottes geniessen, ohne dabei Schuldgefuehle haben zu muessen, ohne das irgendjemandem bekennen oder gar aus der Gemeinde ausgeschlossen werden zu muessen!
Dass viele Christen die Selbstbefriedigung so stark verurteilen, scheint mir im tiefsten Grunde auf ein latentes Problem mit der Sexualitaet an sich zurueckzufuehren zu sein. Sexualitaet wird als etwas "Schmutziges" angesehen, das zur Fortpflanzung nun einmal leider notwendig ist, aber keinesfalls genossen werden darf. Im Gegensatz dazu schreibt Martin Dreyer mit Recht:
"Die Gefuehle, die bei Sex entstehen, sind phantastisch. Keine Droge der Welt koennte da mithalten. Glaubst Du, Gott wuerde Dir als Strafe zumuten, dass Du Sexualitaet nicht empfinden darfst, obwohl Dein Koerper dazu in der Lage ist, zumindest solange Du nicht verheiratet bist? Das waere so, als wenn Du in der Wueste Gobi einen eisgekuehlten Cokeautomat aufstellst, aber keiner Muenzen dafuer hat! Handelt Gott in irgend einem anderen Lebensbereich so? Warum sollte er es ausgerechnet bei Sex tun? (Mt. 7,7-11).
Masturbation (Selbstbefriedigung) ist die einzige Moeglichkeit, die Gott Dir [als Single] gegeben hat, um Deinen Koerper im sexuellen Bereich kennenzulernen. Und vor allem ist es die einzige Chance, mit deinen Trieben umgehen zu lernen, sie gleichermassen zu geniessen und zu kontrollieren, bevor Du heiratest! Das Problem bei Masturbation liegt eher im Gedankenbereich oder auch in der Motivation als in der koerperlichen Sache oder in den Gefuehlen."
Das Letztere ist genau der Punkt: Selbstbefriedigung als solche ist keine Suende, nur manche damit verbundenen Phantasien koennen es sein (z.B. wenn sie ehebrecherischer Art sind)!
Armin E.