Das Gewissen

  • W. Busch


    Staatsgewalt und Jugendarbeit


    Und nun komme ich zum Eigentlichen, zu meiner Begegnung mit der Geheimen Staatspolizei. Ich kam in lebhafte Berührung mit der geheimen Staatspolizei, weil ich Jugendpfarrer in Essen war. Ich hatte ein großes Klubhaus, in dem Hunterte von jungen Leuten zwischen 14 und 20 Jahren sich versammelten. Das steht heute wieder aufgebaut und die Arbeit blüht noch heute in Essen. Das Haus heißt nach seinem Gründer: Weiglehaus. Sonntags nachmittags waren da 700 bis 800 junge Burschen, 16/17 Jahre alt, unter Gottes Wort. Es gab auch ein großes Rahmenprogramm, aber es gab keinen, der nicht in den ersten 3 Minuten erfuhr, wie überzeugt ich davon bin, dass ein Leben ohne Jesus kein Leben ist, sondern Tod.
    Und das war natürlich ärgerlich - solch eine Arbeit! Wenn so ein Pfarrer einen Mütterchen-Verein hatte, dann sagten die Nazis: "Lass ihn machen, das stirbt von selbst aus." Aber hier versammelten sich hunderte von jungen Burschen. Das war für sie eine schlechte Sache. Nun, im 1. Jahr war die Staatspolizei noch nicht richtig ausgebaut. Damals wurde sie von einem Mann namens Diehls übernommen. Der hatte ein interessantes Buch geschrieben: "Hitler ante portas". Damals war es so, dass die Nazis selber noch nicht genau wussten, wie weit sie mit dem Brechen des Rechts gehen konnten und wie weit sich das Volk gefallen lassen würde, dass die Regierung "ein wenig außerhalb der Legalität" operierte. Wenn Sie in diesen Tagen die Zeitung lesen, dann haben Sie meine Anspielung verstanden. Aber schon zu einer Zeit, als wir mit der Staatspolizei noch gar nichts zu tun hatten, gab es gefährliche Reibungen zwischen meiner Arbeit und der Partei. Eigentlich gab es gar keinen Grund für diese Reibungen, aber sie waren da. Woran entstanden sie? Sie entstanden an der Grundfrage der damaligen Zeit: "Wer darf eigentlich über unser Gewissen verfügen?"

  • Die jungen Burschen, die in mein Weiglehaus kamen, hatten gelernt, dass unser Gewissen an das Wort Gottes gebunden werden muss. Luther sagt auf dem Reichstag in Worms: "Mein Gewissen ist gefangen in Gottes Wort." Lassen Sie mich das ausführlich erklären.


    Sehen Sie, wir alle haben ein Gewissen, jeder von uns.
    Das heißt, wir wissen alle, dass es gut und böse gibt.
    Aber wer bestimmt denn, was gut und was böse ist? Nach welchen Herren richten Sie sich denn? Wer verfügt denn über Ihr Gewissen - etwa in sexuellen Fragen oder im Umgang mit Geld oder mit Wahrheit und Lüge? Die öffentliche Meinung, oder Ihre Arbeitskollegen? Wer hat denn zu sagen, was gut und böse ist? Luther sagte: "Mein Gewissen ist gefangen in Gottes Wort." Meine jungen Leute haben gelernt: Der Herr Jesus muss über mein Gewissen verfügen.
    Nun kam der Staat mit der Partei, der Nazi-Partei, und sagte: "Wir sagen, was gut und böse ist". Gleich von Anfang an fand hier der Griff ins Innerste des Menschen statt. Die Partei bestimmte, was gut war. Das gab ganz praktische Reibungen.
    Das ging z.B. so: Meine jungen Burschen gingen sonntags morgens in die Kirche, denn es ist Gebot Gottes. Ich habe ihnen gesagt: "Ihr braucht nicht in meinen Jugendkreis zu kommen. Das ist kein Gebot Gottes. Aber Gottesdienst am Sonntag, das ist Gebot Gottes." Und dann kamen sie auch.
    Nun setzte die Schule etwa sonntags morgens um 8 Uhr einen Marsch mit der Hitlerjugend an. Da standen die jungen Burschen und erklärten: "Pardon, wir gehen in die Kirche." "Unsinn, dies ist Dienst für den Führer!" Aber sie blieben dabei: Mein Gewissen ist gebunden an Gottes Wort. Da raufte sich der arme Schuldirektor, ein Oberstudienrat, der ja selber nicht recht wusste, wie die ganze Sache lief, seine spärlichen Haare, weil er nicht wusste, wie er hier entscheiden sollte. Es hat mich damals ungemein gepackt, wie meine jungen Kerle schon an solch kleinen Fragen begriffen: Man muss von Anfang an Gott gehorsam sein.

  • Ein anderes Beispiel war das Schullandheim. Die höheren Schüler gingen ins Schullandheim. Die HJ über nahm sofort die äußere Gestaltung. Das gab es ein Tischgebet, das hieß: "Lieber Herr Jesus, bleib uns fern, wir essen ohne dich ganz gern. Amen." Das war das Tischgebet der Hitlerjugend. Was sollte man jetzt tun? Da standen da und dort Burschen auf und sagten: "Entschuldigung, aber wir kommen erst nach diesem Tischgebet. Wir hören uns diese Lästerung nicht an." "Es ist aber Dienst, dass ihr hier seid." - An solchen kleinen Stellen kam es sofort zum Konflikt. Ich könnte Ihnen dafür noch 100 Beispiele sagen, aber es würde zu lange aufhalten.
    Sind wir eigentlich aus dieser Situation heraus, liebe junge Leute? Oder kommen wir nicht unser ganzes Leben lang permanent in die Situation, dass hier ein Gebot Gottes steht - und da die öffentliche Meinung oder der Zeitgeist? Wem wollen Sie Ihr Gewissen anvertrauen? Darüber müssen Sie sich ganz klar sein. Darum frage ich: Wie kann ein Mensch leben ohne Gott? Ich weiß, dass Gott sehr unerkennbar ist, aber er hat den Himmel zerrissen und ist in Jesus zu uns gekommen. Dieser Jesus ist die größte Gewalt dieser Erde. Er ist am Kreuz für uns gestorben. Er ist von den Toten auferstanden. Er ist unter uns. Dem habe ich mein Gewissen gegeben, der darf entscheiden, wen Sie über Ihr Gewissen verfügen lassen.
    Wenn mir einer sagt: "Ich weiß selber, was gut und was böse ist", so sage ich: "Das stimmt nicht. Es verfügt jemand über Ihr Gewissen."

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